Text und Fotos: Katja Schmidtke
Was wir in drei Jahren im Kleingartenverein gemacht und gelernt haben

Im Garten zu sein, heißt frei zu sein. Nie zuvor haben wir das so intensiv gespürt wie im Frühling 2020. Unser viertes Gartenjahr bricht an, als die Corona-Pandemie Deutschland trifft. Wir sind glücklich und dankbar, am Nachmittag nach Home-Office und Home-Kindergarten die Schuhe zu schnüren, ein kleines Picknick einzupacken und von unserer Wohnung zur Kleingartenanlage „Am Tierheim“ im halleschen Paulusviertel zu laufen. Wir öffnen das Gartentor: Normalität statt Ausnahmezustand, 300 Quadratmeter statt Ausgangssperre, Unkraut statt Virus.
In diesem Jahr können wir nicht nur wegen der Pandemie so viel genießen. Wir sind tatsächlich stolz auf das kleine Refugium, das wir uns in den vergangenen Jahren geschaffen haben. Noch im ersten Sommer, das war 2017, erneuerten wir das Dach der Laube und zerstörten damit fast den Frieden in unseren Familien (fragen Sie lieber nicht!). Im zweiten Jahr beendeten wir den Innenausbau der Laube, während draußen Jubel aufbrandete (er galt nicht uns, sondern den Ballkünstlern der 2018 ausgetragenen Fußball-WM). Im dritten Jahr rissen wir mit Vereinshilfe einen alten Schuppen ab und gewannen viel Platz für Stauden, Frühjahrsblüher, Kräuter und ein Hochbeet für unsere Tochter, wir bauten eine kleine, feine Küche und eine Terrasse aus Lärchenholz, die heute so aussieht, als wäre sie schon immer da.
Und gärtnerisch? Den Rasen haben wir zwei-, nein dreimal neu angelegt, der Kohlrabi war mickrig und wurde von Fliegen zerfressen, der Rhabarber hatte den falschen Standort und lieferte null Ertrag und den Kürbis hatte ich viel zu spät gepflanzt. Die Tomaten hingegen gediehen wunderbar und waren weitaus weniger pflegeintensiv als ich erwartet hatte. Die Zucchini wuchsen so schnell, dass wir mit essen nicht hinterher kamen. Die Ernte der Jostabeere nahm gefühlt Tage in Anspruch. Die säuerliche Marmelade versüßt uns noch heute das Wochenend-Frühstück.
Die Gespräche über den Gartenzaun verwurzeln uns mit den Menschen hier. Egal, ob Angestellte, Arbeiter, Rentnerin – im Kleingarten sind alle gleich. Meistens gleich dreckig vom Säen und Ernten und mindestens genauso glücklich über 300 Quadratmeter Freiheit.